Ralf Baur

Ralf Baur

Neuer Vormann der Freiwilligenstation Gelting ist seit Anfang Februar Tim Eggers. Für den 48-Jährigen ist die See fast so essenziell wie die Luft zum Atmen, ohne sie hält er es nie lange aus

Tim Eggers hat mal ein paar Monate in Berlin gelebt, doch Wurzeln hat er in der Hauptstadt nicht geschlagen: „Die See war einfach viel zu weit weg.“ Nach dieser beruflich bedingten Stippvisite zieht er 2002 zurück an die schleswig-holsteinische Ostseeküste, steigt dort in den mittelständischen Betrieb seines Vaters ein. Zehn Jahre später baut der Wirtschaftsinformatiker seine erste eigene Firma auf, weitere folgen. Dazwischen findet er mit seiner Frau Melanie sein Traumhaus in Norgaardholz direkt an der Geltinger Bucht. Viel näher am Wasser kann man nicht leben: Gerade einmal 100 Meter geht er, um das Meerwasser an seinen Füßen zu spüren.

Tim Eggers ist neuer freiwilliger Vormann der Station Gelting. Bereits seit 2018 leitet er dort als Ausbildungswart neue Rettungsleute an, organisiert gemeinsame Übungen und Trainings. I Foto: Per Kasch
Mit dem Seenotrettungsboot URSULA DETTMANN sind die freiwilligen Rettungsleute in der Geltinger Bucht vor allem für Nebenerwerbsfischer, Angler und Wassersportler im Einsatz. I Foto: Peter Neumann

Aufgewachsen ist Tim Eggers rund 15 Kilometer südöstlich, in Kappeln nahe Schlei und Ostsee. Als Kind ist er fast immer auf dem Wasser, genauso wie seine Eltern, Großeltern und Geschwister. Alle sind im Arnisser Segel-Club aktiv. „Für mich war es das Natürlichste der Welt“, erinnert er sich. Früh wendet er kleine Opti-Jollen, später große Kielboote. Irgendwann wechselt er den Untersatz: Brett statt Boot. „Sobald der Wind richtig blies, musste ich raus zum Windsurfen oder Wellenreiten.“ Noch heute misst sich der 48-Jährige leidenschaftlich gern mit der Natur, auch um seinen Alltag auf See zu lassen: „Ich bin dann nur in dem Moment. Und wenn ich abends vom Surfen nach Hause komme, bin ich zwar völlig fertig, aber sehr zufrieden.“ Zeitweise ist Tim Eggers fast süchtig nach dem rasanten Wassersport, betreibt ihn mit sehr hoher Intensität. Das ändert sich erst, als er Mitte der 1990er-Jahre zum Studium nach Hamburg zieht: Da liegt das nächste Surfrevier nicht mehr wenige Fußminuten, sondern fast zwei Autostunden entfernt. Dennoch ist er so oft es geht auf See und finanziert als Windsurf- und Segellehrer seine Ausbildung

Leinenarbeit an Bord | Foto: Per Kasch

Leben retten

Mittlerweile ist die Distanz wieder geschrumpft: In der Geltinger Bucht gibt es einige ideale Seegebiete für Windsurfer – und für Wracktaucher, ein weiteres Hobby von Tim Eggers. „Es ist wie eine Zeitkapsel, durch die ich einen Blick in vergangene Zeiten werfen kann.“ Er schwärmt von seinem jüngsten Tauchurlaub im nordnorwegischen Narvik, wo er einen historischen Schiffsfriedhof inmitten einer faszinierenden Natur erlebt hat.

Als Seenotretter engagiert sich Tim Eggers bereits seit 15 Jahren. „Ich habe mich ganz bewusst für dieses Ehrenamt entschieden: Wenn man wie ich auf dem Land lebt schuldet man der Gemeinschaft etwas. Denn eine kleine Gemeinde funktioniert nur, wenn sich möglichst viele Menschen freiwillig einsetzen. Und ich wollte meine Fähigkeiten dort einbringen, wo es am sinnvollsten ist, auf dem Wasser.“

Dabei gebe es durchaus negative Aspekte. „Erlebnisse, bei denen wir nicht mehr helfen können, hinterlassen Spuren. Ich erinnere mich sofort an alle, die wir nicht retten konnten oder bei denen es auf der Kippe stand.“ So war es bei zwei schiffbrüchigen Anglern, die Tim Eggers gemeinsam mit DLRG-Rettungsschwimmern aus akuter Seenot gerettet hat. „In solchen Situationen ist es wichtig, dass alles wie geölt funktioniert“, sagt er. Gemeinsame Übungen mit Partnern, aber vor allem eine eingespielte Mannschaft seien dafür unabdingbar. Und über diese verfügt die Station Gelting: „Wir sind eine sehr erfahrene und hochmotivierte Crew. Wir verstehen uns im Einsatz, ohne viel miteinander sprechen zu müssen. Das war nicht zuletzt Thilos Verdienst.“ Tim Eggers lobt die Ruhe und Umsicht seines Vorgängers, die dieser als Vormann und Bootsführer ausstrahlte. „Ich habe ihm ganz viel zu verdanken, auch persönlich.“ Darum ist für ihn Ende Dezember nicht nur ein sehr geschätzter Kollege, sondern auch ein Freund gestorben.

SEENOTRETTER WERDEN?

Sie fahren raus, wenn andere reinkommen – rund um die Uhr, bei jedem Wetter: unsere aktuell rund 1.000 Seenotretter. Um andere Menschen selbst unter widrigsten Bedingungen aus Not und Gefahr zu befreien, brauchen sie genau wie Tim Eggers reichlich Erfahrung, Können und Mut. Sie haben Interesse und möchten sich ebenfalls an Bord unserer Rettungs­einheiten engagieren? 

„Wir sind eine sehr erfahrene und hochmotivierte Crew. Wir verstehen uns im Einsatz, ohne viel miteinander sprechen zu müssen. Das war nicht zuletzt Thilos Verdienst.“

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„Wie eine große Familie“

„Die Seenotretter sind wie eine große Familie, aber ohne unsere Partner geht es nicht!“ Harm Olchers ist Insulaner durch und durch. Auf der Nordsee ist er immer, wenn es seine Zeit erlaubt. Zwischen Ehrenamt, Beruf und Familie hat er davon jedoch viel zu wenig.

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Ralf Baur

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Freiheit eines Fischers

Sven Okken ist seit mehr als 20 Jahren beruflich auf der Nordsee unterwegs: Er ist Krabbenfischer. Der Heimathafen seiner „Pirola“ ist Norddeich. Der Kutter liegt unweit des Seenotrettungsbootes OTTO DIERSCH der DGzRS an der Pier. Zu dessen Besatzung gehört der 40-Jährige seit einigen Monaten.

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Patrick Testa-Kreitz

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Zusammen bauen wir neue Seenotrettungskreuzer!

Mit kleinen Spenden Großes schaffen! Jahr für Jahr sind die Seenotretter etwa 2.000 Mal auf Nord- und Ostsee im Einsatz – rund um die Uhr und bei jedem Wetter. Die Seenotretter benötigen dafür modernste Technik und äußerst seetüchtige, besonders leistungsfähige Schiffe, um die Risiken so gering wie möglich zu halten. Wenige Neubauten werden vor ihrer Indienststellung so „auf Herz und Nieren“ getestet wie unsere Rettungseinheiten.

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