Ralf Baur

Ralf Baur

Gerd Hasselberg ist Rüganer durch und durch. Der 62-Jährige ist tief verwurzelt in der Region und engagiert sich in Glowe im Nordosten der Insel. Er ist ehrenamtlich bei den Seenotrettern, aber auch bei der Freiwilligen Feuerwehr im Einsatz.

Ohne die See, ohne kleine und große Boote lässt sich Gerd Hasselbergs Leben nicht erzählen. Es fehlte nicht nur ein kleines Puzzleteil, sondern etwas Grundlegendes: „Mein ganzes Leben dreht sich ums Wasser“, sagt der 62-Jährige. Seit seinen Kindertagen fühlt er sich im Nordosten Rügens ausgesprochen wohl. Es ist seine Heimat, weg wollte er nie. Noch heute freut er sich ungemein, wenn er nach einer Urlaubsreise wieder über die Rügenbrücke fährt.

Ein Seenotretter hält ein Fernglas entspannt in der Hand. Er steht in einem Seenotrettungsboot und trägt eine Rettungsweste.
Gerd Hasselberg ist freiwilliger Vormann der Station Glowe. | Foto: Stefan Sauer
Seenotrettungsboot KURT HOFFMANN auf See
Seenotrettungs­boot KURT HOFFMANN auf Kontrollfahrt vor Rügens Ostküste. | Fotos: Thomas Steuer
Seenotrettungsboot KURT HOFFMANN im Einsatz

Schon als Kind ist er mit seinem Vater, einem Küstenfischer, draußen auf der Ostsee unterwegs – immer unter Beobachtung der Grenzschützer. „Eigentlich durfte ich nicht mit, aber die Soldaten drückten ein Auge zu“, erinnert sich Gerd Hasselberg an einen Funken Menschlichkeit im ansonsten repressiven Grenzregime der DDR. Wenn er nicht an Bord des Kutters steht, ist er am Strand der Tromper Wieck zu finden – einer weitgeschwungenen Bucht im Norden Rügens – und geht baden, bis ihm „Schwimmhäute gewachsen sind“. Als Jugendlicher ist er auf dem rückwärtigen Jasmunder Bodden mit dem Boot unterwegs, lernt an Bord noch mehr Handgriffe als er sowieso schon von seinem Vater kennt.

Nach dem Schulabschluss und seiner Ausbildung zum Landmaschinenschlosser folgt Gerd Hasselberg seinem Vater in den Beruf als Küstenfischer. Später holt er als Hochseefischer mit Heringen, Dorschen und Flundern gefüllte Netze aus der Ostsee. Seine Kollegen und er sind bei fast jeden Wetter draußen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. „Wir haben mitunter voll einen auf die Mütze bekommen“ – er erfährt die Unbilden von Wind und Wellen ganz unmittelbar, weiß um die Gefahren, in der sie sich mitunter befinden.

SEENOTRETTER WERDEN?

Sie fahren raus, wenn andere reinkommen – rund um die Uhr, bei jedem Wetter: unsere aktuell rund 1.000 Seenotretter. Um andere Menschen selbst unter widrigsten Bedingungen aus Not und Gefahr zu befreien, brauchen sie genau wie Tim Eggers reichlich Erfahrung, Können und Mut. Sie haben Interesse und möchten sich ebenfalls an Bord unserer Rettungs­einheiten engagieren? 

Gerd Hasselberg vor dem Seenotrettungsboot KURT HOFFMANN | Foto: Stefan Sauer

Einmal Fischer, immer Fischer

Mit der Wende im Herbst 1989 und der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten ein Jahr später ändert sich Gerd Hasselbergs Leben grundlegend: Für viele Fischer gibt es keine Arbeit mehr. Er geht an Land, dem Wasser bleibt er trotzdem treu: Zehn Jahre arbeitet er beim Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen. Doch die See fehlt ihm: „Es fiel mir damals sehr schwer, nicht mehr auf dem Wasser zu sein.“ Deshalb fährt er im Nebenerwerb jahrelang mit einem acht Meter langen Kutter hinaus, bleibt Fischer. Zwar hat er diesen längst verkauft, dennoch kann er nicht von seinem einstigen Beruf lassen: Ab und an ist er mit einem kleinen Motorboot auf der Tromper Wieck unterwegs, um Netze zu setzen.

Mittlerweile ist Gerd Hasselberg auch beruflich wieder näher dran an der Ostsee: Seit dem Bau des Wasserwanderrastplatzes in Glowe zur Jahrtausendwende mit 150 Liegeplätzen für Sportboote und einige Kutter ist er dort Hafenmeister – und freiwilliger Vormann der gleichfalls 2000 wiedereröffneten Rettungsstation. „Wir sind damals im Juni auf die Verantwortlichen zugegangen und haben vorgeschlagen, in Glowe die nach dem Zweiten Weltkrieg geschlossene Station wieder zu errichten. Schon im Oktober wurde sie offiziell eröffnet“, schwärmt er Jahre später noch davon, wie die DGzRS die Idee innerhalb von lediglich vier Monaten umgesetzt hat. Die Geschichte der Seenotretter an dieser Stelle reicht bis 1866 zurück: Damals gründete die Königliche Regierung Stralsund in dem Fischerdorf eine Mörserstation. Der später von der DGzRS errichtete historische Rettungsschuppen für den seinerzeit modernen Raketenapparat ist bis heute an der Hauptstraße erhalten.

Im Jahr 2000 besteht die Mannschaft in Glowe aus erfahrenen Fischern, denen lediglich das Seenotretter-Handwerk beigebracht werden muss. Das Revier, die See kennen sie in- und auswendig. Heute ist Gerd Hasselberg das letzte verbliebene Gründungsmitglied der wiedereröffneten Station in der Mannschaft, zu der fast 15 frei willige Rettungsleute gehören. „Wir sind eine gute Crew, mit ihr steht und fällt alles. In den zurückliegenden mehr als 24 Jahren haben wir alle Einsätze erfolgreich absolviert“, sagt er mit etwas Stolz in der Stimme. Genauso wie seine Kollegen ist der heute 62-Jährige gern für Menschen in Not da, engagiert sich deshalb seit mehr als vier Jahrzehnten im Ort zusätzlich in der freiwilligen Feuerwehr. „Ich habe einfach eine soziale Ader und helfe gern anderen“, sagt er, „am liebsten mach ich das auf See!“

„Wir sind eine gute Crew, mit ihr steht und fällt alles. In den zurückliegenden mehr als 24 Jahren haben wir alle Einsätze erfolgreich absolviert“

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„Unsere Seenotretter-Familie ist ein eingespieltes Team“

Ricarda Byrne-Hausmann engagiert sich seit zweieinhalb Jahren bei den Seenotrettern – so wie fast ihre gesamte Familie. Ihr Mann und ihr Sohn fahren ebenfalls raus, wenn jemand im Seerevier der Station Langeoog Hilfe benötigt.

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Familienmensch mit großer Sehnsucht nach der See

Gregor Jeske (34) ist neuer Vormann der Station Deutsche Bucht/Helgoland. Der gebürtige Ostwestfale erzählt, warum er schon als Kind unbedingt zur See fahren wollte und wieso er heute dennoch mit seiner Familie weit weg von der Küste in Baden-Württemberg lebt.

Unsere Seenotretter
„Mit Blick auf das Revier und für die Gemeinschaft“

Neuer Vormann der Freiwilligenstation Gelting ist seit Anfang Februar 2024 Tim Eggers. Für den 48-Jährigen ist die See fast so essenziell wie die Luft zum Atmen, ohne sie hält er es nie lange aus.

Unsere Seenotretter
„Sinnstiftende und lebenserfüllende Aufgabe“

Wie sehr Menschen auf See den Naturgewalten ausgeliefert und wie verloren sie ohne die Hilfe anderer sind. Dieses ist ein wesentlicher Grund dafür, warum sich der 40-Jährige heute als freiwilliger Seenotretter auf der Station Damp engagiert.

Unsere Seenotretter
„Es ist ein schönes Gefühl, das Leben anderer zu retten“

„Es ist ein schönes Gefühl, das Leben anderer zu retten“
Axel Mussehl kennt die Seenotretter, seit er denken kann: Als Junge war er mit seinem Vater oft an Bord der Rettungseinheiten der Station Travemünde. Mittlerweile gehört der 27-jährige Polizist selbst zur Freiwilligen-Besatzung des Seenotrettungsbootes ERICH KOSCHUBS – und hat schon mehrfach Leben gerettet.

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„Wie eine große Familie“

„Die Seenotretter sind wie eine große Familie, aber ohne unsere Partner geht es nicht!“ Harm Olchers ist Insulaner durch und durch. Auf der Nordsee ist er immer, wenn es seine Zeit erlaubt. Zwischen Ehrenamt, Beruf und Familie hat er davon jedoch viel zu wenig.

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Freiheit eines Fischers

Sven Okken ist seit mehr als 20 Jahren beruflich auf der Nordsee unterwegs: Er ist Krabbenfischer. Der Heimathafen seiner „Pirola“ ist Norddeich. Der Kutter liegt unweit des Seenotrettungsbootes OTTO DIERSCH der DGzRS an der Pier. Zu dessen Besatzung gehört der 40-Jährige seit einigen Monaten.

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Lebenslange Leidenschaft – vom Fan zum Seenotarzt

Als Anästhesist auf der Intensivstation in der Nordseeklinik Westerland hat Markus Stumm einen Job, der sehr fordernd ist. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, in seiner Freizeit als Seenotarzt für die DGzRS aktiv zu sein.

Unsere Seenotretter
Vom „Moses“ zum Vormann

„Es gibt Momente, in denen weiß man: Dafür macht man das alles“, sagt Hauke Janssen-Visser.

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„Wir sind eine richtige Seenotretter-Familie."

Zur Besatzung des Seenotrettungsbootes zu gehören, ist auf zahlreichen Stationen der DGzRS an Nord- und Ostsee oft Teil der Familientradition. Auch der Rüganer Martin Rakobrandt ist nicht der erste in seiner Familie, der rausfährt, wenn andere reinkommen.

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„Als Vormann muss ich genau wissen, was meine Besatzung macht – aber ohne sie bin ich nichts."

Du weißt nie, was kommt, heißt es bei den Seenotrettern. Denn kein Einsatz ist wie der andere. Diese Erfahrung hat Frank Weinhold schnell gemacht, als er vor 15 Jahren bei der DGzRS angeheuert hat.

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Kein Einsatz ist wie der andere. Wir wissen nie, was uns auf See wirklich erwartet.

„Ich kann mich auf meine Kollegen verlassen, nicht nur im Einsatz. Vielen ist heute nicht mehr so bewusst, wie viel so eine Gemeinschaft einem gibt.”

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Allein kann auf See niemand etwas ausrichten.

Er ist Seenotretter mit Leib und Seele: „Der Eintritt ist freiwillig. Der Austritt ist freiwillig. Dazwischen ist Dienst. Dann geht es um Menschenleben, auch am eigenen Hochzeitstag.“

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„Die Seenotretter – das sind doch die mit den kleinen rot-weißen Schiffchen!“ Richtig, seit 150 Jahren: Nur zehn Jahre jünger als die DGzRS selbst sind ihre Sammelschiffchen. Seit 1875 tragen sie frei nach dem Motto „Der Kleine hilft dem Großen“ nicht unerheblich zur Finanzierung bei.

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Botschafter und Erfolgsautor Klaus-Peter Wolf erzählt im Interview von seiner Kindheit, seiner Leidenschaft fürs Schreiben – und von seinem neuen Ehrenamt als Botschafter der Seenotretter.

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