Ralf Baur

Ralf Baur

Der Name Paulsen ist eng mit den freiwilligen Seenotrettern an der Geltinger Bucht verbunden: Als die Station 1981 gegründet wird, gehört Max Paulsen zur ersten Besatzung des damaligen Seenotrettungsbootes GESINA. Heute engagieren sich dort Frank, Timm und Mikkel aus derselben Familie.

An diesen Moment erinnert sich Frank Paulsen genau: Am 3. Mai 2007 ist er mit dem Seenotrettungsboot JENS FÜERSCHIPP auf seiner ersten Übungsfahrt, als plötzlich sein Mobiltelefon klingelt. Seine Frau Sabine ist dran. Freudig erzählt sie ihm, dass sein Neffe Mikkel zur Welt gekommen ist. „So etwas vergisst du nicht!“, sagt er und schmunzelt.

Gut 18 Jahre später stehen die beiden Männer gemeinsam auf der URSULA DETTMANN: Frank zeigt seinem Neffen etwas auf der elektronischen Seekarte. Unterdessen kontrolliert Mikkels Vater Timm in der Plicht die Schleppleine und legt einen Rettungskragen für das anstehende Training bereit. Für den 18-jährigen Mikkel ist die Übungsfahrt an diesem 14. September eine weitere Gelegenheit, von den erfahrenen Kollegen zu lernen, er selbst gehört seit Mai zur Besatzung. Damit ist der Schüler der Jüngste aus der Familie Paulsen, der sich auf der Station Gelting engagiert – der erste war sein Opa Max.

Seenotretter am Funkgerät

„Allein kann niemand etwas ausrichten. Was zählt, ist die Mannschaft.“

Frank Paulsen

Seenotretter im Einsatz auf dem Seenotrettungsboot Ursula Dettmann
Seenotretter im Einsatz

Vorgelebtes Engagement

Als die DGzRS die Station im Jahr 1981 an der südöstlichen Küste der Flensburger Förde in der Gemeinde Niesgrau einrichtet, gehört Max Paulsen zur Gründungsmannschaft um Vormann Peter Weigert. Der selbstständige Kfz-Mechaniker wohnt lediglich ein paar Steinwürfe vom Liegeplatz der GESINA im Sportboothafen GeltingMole entfernt, gleich neben dem bis 1999 existierenden Fährhafen. In seiner Freizeit hält er den 54 PS-starken Daimlermotor des Seenotrettungsbootes in Schuss, lässt im Fall einer Alarmierung in seiner Autowerkstatt alles stehen und liegen. Dann zählt für ihn nur noch eines: In der Geltinger Bucht ist jemand in Gefahr und braucht Hilfe – sofort saust er zum Hafen. Bis zu seinem viel zu frühen Tod im November 1988 fährt Max Paulsen fast alle Einsätze mit.

Er lebt seinen Söhnen Frank und Timm vor, wie wichtig persönliches Engagement für die Gemeinschaft ist. Sie bekommen mit, wie ihr Vater nachts zu Seenotfällen gerufen wird. „Er hat dafür gebrannt“, erinnert sich Timm Paulsen. Sein Einsatz für andere beeindruckt die Brüder: Sie wollen ihm nacheifern und auch Menschen retten – das sei ihnen immer klar gewesen, sagen beide unabhängig voneinander.

Trotz des großen Vorbildes steigen Timm und Frank, anders als Mikkel, nicht schon mit 18 ein, sondern als sie die 30 bereits überschritten haben. Timm stößt 2006 zur Crew, ein Jahr später sein Bruder Frank. Zuvor wohnen sie entweder zu weit entfernt oder sind beruflich zu stark eingespannt. Der gelernte Krankenpfleger Timm arbeitet eine Weile in Norwegen; der Liebe wegen kehrt er zurück in seine Heimat. Dort ist er 21 Jahre in der ambulanten Pflege tätig, davon elf in leitender Position. Heute betreut der 50-Jährige in häuslicher Intensivpflege ausschließlich einen Patienten. Speditionskaufmann Frank verdient sein Geld zunächst in Flensburg, später in Rendsburg. Seit 2007 lebt der 55-Jährige wieder in Niesgrau. Heute wohnen die Brüder Seite an Seite auf einer kleinen Anhöhe – mit Blick auf das Seenotrettungsboot.

SEENOTRETTER WERDEN?

Sie fahren raus, wenn andere reinkommen – rund um die Uhr, bei jedem Wetter: unsere aktuell rund 1.000 Seenotretter. Um andere Menschen selbst unter widrigsten Bedingungen aus Not und Gefahr zu befreien, brauchen sie genau wie Hauke Janssen-Visser reichlich Erfahrung, Können und Mut. Sie haben Interesse und möchten sich ebenfalls an Bord unserer Rettungs­einheiten engagieren? 

Dank motiviert

Mit der URSULA DETTMANN nehmen Mikkel, Timm und Frank Paulsen an diesem Septembersonntag Kurs auf den Leuchtturm Kalkgrund. Im Revier der Station Gelting sind die freiwilligen Seenotretter vor allem für Nebenerwerbsfischer, Angler und Wassersportler im Einsatz. Heute wollen die drei Rettungsmänner trainieren. Während Frank das Seenotrettungsboot steuert, sitzt Mikkel dabei neben seinem Onkel, schaut ihm aufmerksam zu und erzählt von seinen ersten Monaten im #TeamSeenotretter:

„Mir macht es sehr, sehr viel Spaß – ich fühle mich in der Mannschaft sehr wohl!“

Mikkel Paulsen

 

Überhaupt die Crew: „Wir sind ein eingespieltes Team, jeder kann sich auf den anderen verlassen. Ich habe immer ein gutes Gefühl, egal mit wem ich draußen bin“, sagt Timm, der im Fahrstand hinter seinem Bruder und seinem Sohn steht. „Allein kann niemand etwas ausrichten. Was zählt, ist die Mannschaft. Wir haben alle dasselbe Ziel: Menschen retten“, ergänzt Frank. Für Egoisten oder Selbstdarsteller sei an Bord kein Platz. „Mikkel passt sehr gut bei uns rein“, findet sein Onkel, er lerne schnell und bereichere die Station. Die erfahrenen Rettungsleute machen es dem Rettungsnachwuchs leicht: Sie teilen ihr vielfältiges Wissen, vertrauen ihm und trauen ihm einiges zu.

An Bord des Seenotrettungsbootes ursula dettmann
Frank, Mikkel und Timm Paulsen engagieren sich auf der Freiwilligenstation Geltung

Familiensache (v. l.): Frank, Mikkel und Timm Paulsen engagieren sich auf der Freiwilligenstation Geltung. Die drei üben regelmäßig für den Ernstfall.

Im Gespräch wird deutlich: Alle drei stehen voll hinter „dieser großartigen Organisation“, wie Frank es ausdrückt. Sie wollen gemeinsam mit den anderen freiwilligen Seenotrettern der Station etwas Gutes tun, das allein motiviere. Und manchmal kommt noch ein zusätzlicher Schub hinzu: Bei Timms erstem Einsatz fällt ihm eine abgetriebene Surferin nach ihrer Rettung spontan um den Hals. „Solche Momente voller Dankbarkeit geben mir viel zurück.“

„Wir sind ein eingespieltes Team, jeder kann sich auf den anderen verlassen. Ich habe immer ein gutes Gefühl, egal mit wem ich draußen bin.“

Timm Paulsen

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