Andrea und Volker Kaesler wohnen am Rande Deutschlands, im Erzgebirge nahe der Grenze zur Tschechischen Republik. Dort engagieren sie sich für die Seenotretter, was viel mit ihrer Kindheit und der Sehnsucht nach der See zu tun hat.
Andrea Kaesler prüft das Etikett eines T-Shirts zum Tag der Seenotretter: Hat es die richtige Größe? Ja – sie reicht es einer Frau, die es für ihre Tochter kaufen möchte. Die beiden plaudern noch ein bisschen miteinander an diesem sonnigen Sommertag auf der ostfriesischen Insel Langeoog. Der Hafen ist an diesem letzten Sonntag im Juli 2024 voller Menschen, die bei den Seenotrettern hautnah erleben wollen, was sonst oft weit draußen auf See passiert.
Andrea Kaesler ist mittendrin. Gemeinsam mit ihrem Mann Volker steht sie im Infowagen. Die 60-Jährige ist in ihrem Element: „Mir gefällt es, mit den Menschen zu reden, ihnen nahezubringen, was die Gesellschaft macht.“ Wie viele an der Küste nennt Andrea Kaesler die DGzRS nur kurz „die Gesellschaft“. Es scheint fast so, als sei sie auf Langeoog, an der See zu Hause. Tatsächlich trägt sie das Meer tief in ihrem Herzen, doch die Finanzbeamtin lebt eigentlich im sächsischen Olbernhau.
Aus Sachsens Süden ist es ein weiter Weg an die niedersächsische Nordsee. Die Liebe zur See und ihr Gemeinschaftssinn führen Andrea Kaesler und ihren Mann 2017 zum ehrenamtlichen Engagement für die Seenotretter. Geboren wurde sie 1965 in Hamburg, ihr Vater war Soldat, so wechselt die Familie oft den Wohnsitz, bis sie schließlich im baden-württembergischen Ulm Wurzeln schlägt. Dort lernt sie ihren Mann kennen. Nach einer Zwischenstation in Karlsruhe landen sie 2018 in Olbernhau.
Doch: „Ohne See geht es gar nicht“, sagt sie und lacht. Die Urlaube mit ihren Eltern an der Küste prägen Andrea Kaesler schon als Kind. Bis heute ist sie mit ihrem Mann mehrmals im Jahr an Nord- oder Ostsee zu Gast: stundenlange Spaziergänge am Strand, aufs Wasser schauen, die Ruhe genießen, all das ist für sie „Erholung pur“. Schon früh wird sie auf die Seenotretter aufmerksam, bewundert die markanten Boote und Kreuzer, erfährt in der Ausstellung im Rettungsschuppen Neuharlingersiel mehr über ihre Arbeit. Volker Kaesler wiederum ist ein Ereignis aus seiner Kindheit noch sehr präsent: Er erlebt, wie Anfang der 1960er-Jahre vor Spiekeroog ein Schwimmer bei ablaufendem Wasser in Lebensgefahr gerät. Trotz größter Anstrengungen der Seenotretter und anderer Rettungskräfte kommt für ihn jede Hilfe zu spät.
Das Ehepaar spendet immer wieder in die Sammelschiffchen, wird schließlich zu regelmäßigen Förderern und Ehrenamtlichen der Seenotretter. „Wir wollen uns in unserer Freizeit gemeinsam für eine wichtige Sache einsetzen. Bis heute macht uns unser Engagement sehr viel Spaß“, sagt Andrea Kaesler. Das Ehepaar schätzt die vielen Begegnungen mit den Menschen ebenso wie den Zusammenhalt innerhalb der Seenotretter-Familie. Das zeigt sich auch zu Andrea Kaeslers Geburtstagsfeier im April: Die 60-Jährige verzichtet zugunsten der DGzRS auf Geschenke – rund 1.800 Euro kommen zusammen.
In seiner Heimat leistet das Ehepaar reichlich Aufklärungsarbeit: „Viele machen große Augen, wenn wir erzählen, dass die Gesellschaft ihre gesamte Arbeit ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen finanziert, ganz ohne Steuergelder“, berichtet Andrea Kaesler. Auch auf Messen und Veranstaltungen im Süden Deutschlands, bei ehrenamtlichen Diensten im Informationszentrum Mecklenburg-Vorpommern oder eben am Tag der Seenotretter auf Langeoog bringen die beiden den Menschen nahe, wofür das Rettungswerk steht. Wenn einige von ihnen auf diese Weise regelmäßige Förderer werden, empfinden es beide als großen Lohn für ihr freiwilliges Engagement.