Verzweifelt sucht Kurt Körber nach dem Fehler, der den Motor überhitzen lässt. Er geht alles ein weiteres Mal durch, startet die Maschine erneut. Doch nach wenigen Minuten plärrt der Alarm wieder los. Er stellt den Motor aus, schüttelt genervt den Kopf, schaut zu seiner Frau Klara und zuckt mit den Schultern. Seit fast zwei Stunden bastelt er erfolglos im Maschinenraum. Immer aussichtsloser erscheint dem Ehepaar die Situation auf ihrem Boot, die beiden werden von Minute zu Minute nervöser.
Klara und Kurt Körber sind erfahrene Wassersportler: Seit rund 30 Jahren ist das Ehepaar aus Nienburg an der Weser regelmäßig auf Nord- und Ostsee unterwegs. Anfangs segeln sie noch gern. Als das Fieren und Hieven – die „Turnerei an Bord“, wie es Klara Körber ausdrückt – aufgrund ihres Alters zu beschwerlich wird, wechseln die beiden Rentner von Wind- auf Motorkraft. Eines bleibt jedoch gleich: Stets bereiten sie sich sorgfältig auf ihre Törns vor, lesen gewissenhaft den Wetterbericht und bleiben im Zweifel lieber einen Tag länger im schützenden Hafen.
Als Klara und Kurt Körber am Morgen des 21. Juli Helgoland verlassen, sind die Bedingungen perfekt für ihre Rückreise nach Cuxhaven: Die Sonne scheint, erwärmt die Luft auf 24, das Wasser auf 20 Grad. Die leichte Brise aus West-Südwest bewegt das Wasser ganz sanft. Doch gegen 10 Uhr geraten sie nach einem Maschinenschaden mit ihrem rund acht Meter langen Motorboot in Schwierigkeiten. Antriebslos treiben sie etwa 12,5 Seemeilen (rund 23 Kilometer) südöstlich von Helgoland auf Außenelbe Reede, ungefähr auf Höhe der Tonne 4. „Wir hätten noch stundenlang so weiterdriften können, ohne dass es gefährlich geworden wäre“, ist sich Kurt Körber sicher. Die großen Schifffahrtswege, auf denen die Containerriesen und Frachtschiffe unbeirrt zum nächsten Hafen laufen, liegen noch weit entfernt. Das Wetter ist beständig. „Wir hätten einigermaßen beruhigt sein können, trotzdem waren wir aufgeregt. Es war ein hässliches Gefühl, ohne funktionierenden Motor zu sein“, erinnert sich Kurt Körber.
Spende ist selbstverständlich
„Für mich war es ein schmerzlicher Moment, mir eingestehen zu müssen, dass wir Hilfe brauchen“, sagt Kurt Körber. Um 11.52 Uhr meldet sich der 77-Jährige über den UKW-Notrufkanal 16 bei der Seenotküstenfunkstelle Bremen Rescue Radio der DGzRS. Als seine Frau und er die gelassene Stimme am anderen Ende hören, fällt die Anspannung ein wenig von ihnen ab, bald ist sie gar nicht mehr da. „Es war ein wunderbares Gefühl, schon 15 Minuten später das Seenotrettungsboot auf der elektronischen Seekarte und kurz darauf mit eigenen Augen in schneller Fahrt herankommen zu sehen. Von diesem Augenblick an wussten wir: Nun wird alles gut“, schreibt das Ehepaar einige Wochen später sehr eindrücklich in einem Brief an die Seenotretter.
Klara und Kurt Körber kennen die DGzRS seit Kindertagen: „Ihre Sammelschiffchen waren überall. Sie standen beim Schlachter, Bäcker und in den Geschäften“, erinnert sich Klara Körber. Hin und wieder landete ein Groschen in deren Bäuchen. Später geht auch eines in Kurt Körbers Ingenieurbüro vor Anker. Und als die beiden ab 2006 mit ihrem eigenen Boot immer wieder zu Törns auf Nord- und Ostsee aufbrechen, unterstützen sie die Seenotretter dauerhaft mit einer monatlichen Spende. „Das war für uns so selbstverständlich, wie eine Versicherung abzuschließen“, betont Klara Körber.
Am 21. Juli ist HANS INGWERSEN zufällig in der Nähe des Motorbootes, auf einer Überführungsfahrt zur hauseigenen Werft in Bremen. Sofort ändern die Seenotretter ihren Kurs, kurz darauf sprechen sie über Funk mit Klara und Kurt Körber. Vor Ort stellt die Besatzung eine Leinenverbindung her, schleppt das manövrierunfähige Boot der ebenfalls alarmierten ANNELIESE KRAMER entgegen. Der Seenotrettungskreuzer aus Cuxhaven übernimmt den Anhang und bringt ihn samt dem erleichterten Ehepaar in den Hafen der Stadt an der Elbmündung. „Während des gesamten Einsatzes haben wir uns ausgesprochen wohl und sicher gefühlt. Wir wurden regelmäßig angerufen: Wie geht es Euch? Alles klar bei Euch? Fühlt Ihr Euch wohl? Die Seenotretter vermittelten jenen spezifischen Eindruck von absoluter Kompetenz und lässiger Freundlichkeit, den man nur bei den Meistern ihres Fachs findet“, resümieren die beiden in ihrem Schreiben.
In Cuxhaven begibt sich Kurt Körber auf Fehlersuche. Nach mehreren Tagen findet der Maschinenbauingenieur endlich die Ursache: Der Seewasserfilter war nicht richtig abgedichtet. Dadurch funktionierte der Seewasserkreislauf nicht mehr vollständig, das Kühlwasser verdampfte langsam, der Motor überhitzte. „Ich kann noch nicht einmal jemandem die Schuld geben, weil ich selbst die Dichtung zuletzt in der Hand gehabt habe“, sagt er und lacht. Seit dem Einsatz haben Klara und Kurt Körber noch größeres Vertrauen in die Seenotretter als zuvor. „Gut zu wissen, dass sie da sind; auch und gerade an den Tagen, an denen unsereins wegen des Wetters nicht mal zum Briefkasten geht“, endet ihr Brief.
„Monatliche Spende ist für uns so selbstverständlich, wie eine Versicherung abzuschließen.“
Klara Körber
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