Christian Stipeldey

Christian Stipeldey

Als Junge kannte Ludwig Gehrke die Namen aller Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) auswendig. Er wusste ganz genau, wie schnell sie fuhren und wie stark ihre Maschinen waren. „Dass es Menschen gibt, die mitten auf der wilden See im Sturm Rettungseinsätze fahren, fasziniert mich bis heute“, sagt der promovierte Jurist. Als Rechtsanwalt geht es für ihn um pragmatisch-professionelle Lösungen für seine Mandanten. „Dasselbe tun auch die Seenotretter, auf See wie an Land. Die Spenden werden sehr sinnvoll eingesetzt, das ist großartig“, findet er.

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Ludwig Gehrke kommt schnell ins Schwärmen. Er liebt die Seefahrt, bereist gerne fremde Länder – und mag es im Alltag pragmatisch. „Wäre ich besser in Mathe gewesen, wäre ich Ingenieur geworden, vielleicht auch Lehrer. Aber technisch begabt bin ich nicht. Deshalb fahre ich gerne Fahrrad. Am Fahrrad ist noch heute wenig Technik, da geht selten etwas kaputt und wenn doch, kann man noch recht viel selbst machen, zum Beispiel die Reifen flicken.“

Da schließt sich der Kreis für Ludwig Gehrke: „Die Seenotretter nehmen ihre Sache auch selbst in die Hand. Was sie tun, ist nicht nur wichtig, sondern mitunter sehr gefährlich: rausfahren, wenn andere reinkommen. Allein im Sturm auf See! Ich fahre gerne Fahrrad am Wasser, da bläst einem schon mal eine steife Brise Gegenwind ins Gesicht. Wie stark muss es dann erst auf einem Seenotrettungskreuzer sein?“, sagt der Hamburger.

„Bei extremen Wetterlagen Leute aus dem Wasser holen und noch navigieren, früher sogar nur mit Karte und Kompass, das hat mich schon sehr früh im Leben an den Seenotrettern beeindruckt.“

In Ludwig Gehrkes Büro steht seit jeher ein Sammelschiffchen. „Kollegen, die reinkommen, fordere ich mit dem nötigen Nachdruck auf, etwas hineinzutun“, sagt er mit schelmischem Unterton. Auch regelmäßige Spenden an die Seenotretter gehören für ihn dazu. Aber es ist ihm ein Anliegen, auch noch etwas anderes zu tun: „Geld ist das eine. Ebenso wichtig finde ich es, andere zu begeistern. Ich überzeuge gerne Menschen von der Wichtigkeit der Seenotretter.“

Auch das geht der Jurist ganz pragmatisch an. Wen nicht beeindruckt, wie er plastisch von den Einsätzen erzählt, dem macht der Nicht-Mathematiker eine einfache Rechnung auf: „Ich lege anderen gern nahe, den eigenen Arbeitgeber zu fragen, welche Overhead-Kosten er hat. Denn ich bin erstaunt, dass die Seenotretter nur 15 Prozent für Verwaltung und Werbung ausgeben und mit diesem geringen Anteil die gesamte Nord- und Ostseeküste abdecken.“ Warum das seit vielen Jahrzehnten gut funktioniert, dafür hat Gehrke eine einfache Erklärung:

„Die Seenotretter packen an, sie machen einfach. Freiwillige, Ehrenamtliche, auf See wie an Land, alle und überall. Und damit begei-stern sie alle Generationen. Dafür bin ich selbst das beste Beispiel.“

Wir sind Seenotretter: Vormann Frank Weinhold und Spender Ludwig Gehrke

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Mit den Naturgewalten zu ringen, um Menschenleben zu retten, beeindruckt den Anwalt nachhaltig. „Die Hefte der DGzRS aus der Reihe ,Katastrophen auf See‘ habe ich in guter Erinnerung. Und die Naturgewalt, die zur Tragödie des Seenotrettungskreuzers ADOLPH BERMPOHL geführt hat, der 1967 bei Orkan und sieben Meter hohen Wellen die gesamte Besatzung verloren hat, ist kaum vorstellbar.“ Gehrke war damals in der Grundschule. Der Eindruck des Unglücks hat ihn geprägt. „Es ist enorm, welchen körperlichen und psychischen Belastungen sich die Seenotretter aussetzen und welcher Mut dazugehört.“

Ludwig Gehrke ist das, was man einen typischen Hamburger Jung’ nennt. Seine Eltern hatten ein kleines Boot auf der Elbe, gemeinsam mit seinem Bruder war er früh mit einer eigenen Jolle unterwegs, machte später Segelschein und Motorbootführerschein. Sicherheit war immer ein Thema.

„Wir wussten schon als Kinder,
warum die Seenotretter wichtig sind.“

Gehrkes Onkel war Kapitän eines Stückfrachters im Afrika-Liniendienst. Gemeinsam mit ihm verfolgte er, welche Seenotrettungskreuzer die DGzRS neu bauen ließ. „Das mache ich übrigens bis heute aktiv. Ich weiß noch, als nach der Wende Anfang der 1990er Jahre die Stationen in Mecklenburg-Vorpommern schnell modernisiert werden mussten. Da musste ich auf einen Schlag viele Namen neu lernen“, sagt er und lacht.

Schon sein Vater bewunderte die Seenotretter einst auf Sylt. „An seine Erzählungen über das Motorrettungsboot kann ich mich gut erinnern. Ich weiß sogar noch den Namen: GEHEIMRAT SARTORI. Das hatte er mehrmals im Einsatz gesehen. Wir waren auch oft auf Helgoland. Dorthin fuhr man vorbei am Großen Vogelsand, wo zwei richtig große Frachter-Wracks liegen: die ,Ondo‘ und die ,Fides‘, von denen heute noch bei Niedrigwasser Reste zu sehen sind. Die Größenverhältnisse und dass selbst diese Giganten einfach von der See geschluckt werden, hat mich beeindruckt."

Ludwig Gehrke lässt es bei seiner Bewunderung nicht bewenden. Weil es das Leben gut mit ihm gemeint hat, empfindet er es als eine Verpflichtung, anderen Menschen etwas zurückzugeben. Der Jurist weiß: „Das steht auch in der Präambel der Hamburger Landesverfassung: ,Jedermann hat die sittliche Pflicht, für das Wohl des Ganzen zu wirken.‘ Das tun die Seenotretter, und wir Menschen an Land können sie dabei unterstützen.“ Das „Ganze“ aus der Hamburger Verfassung ist für Ludwig Gehrke nicht der „anonyme Staat“. „Das sind wir alle, egal ob als Trainer im Fußballverein, in der Kirchengemeinde, in einem Pfadfinder-Club oder als Spender der Seenotretter. Bei der DGzRS kommt für ihn noch etwas anderes hinzu:

Auf der Ostseestation Damp zwischen Schleimünde und Eckernförde lernte Ludwig Gehrke später einen Seenotretter näher kennen, zu dem er besonders aufschaute: den freiwilligen Vormann Piet Busch. „Ihn fand ich immer toll. Ein absolut ehrlicher und gerader Typ. Und sehr leidenschaftlich bei der Sache. Kam ein Notruf rein, hat er sofort alles stehen- und liegengelassen und ist rausgefahren. Das gilt sicher für viele Seenotretter ähnlich: dieses bedingungslose, dauerhafte Bekenntnis zu einer großen Aufgabe. Einfach toll.“

„Die eigentliche Rettung auf See kann nicht jeder machen, dazu braucht es bestens ausgebildete Profis. Aber spenden kann jeder. Und damit auch Seenotretter werden.“

Selbst gebraucht hat Ludwig Gehrke die Seenotretter glücklicherweise noch nie. Dabei ist er seit mehr als 50 Jahren immer wieder gemeinsam mit den Eltern und später mit Freunden auf Bootstour. Er weiß gut, dass auf See auch ein kleines Problem schnell zu einer großen Gefahr werden kann. „Ich habe schon schwierige Situationen erlebt, die gar nicht großartig mit Sturm und Seegang zu tun hatten. Einmal fiel unsere Maschine aus, wir trieben ins Fahrwasser. Plötzlich kam ein riesiges Containerschiff auf uns zu. Ein bisschen rumschrauben kann ich, aber keinen Motor reparieren. Wir waren also manövrierunfähig. Und diese dicken Pötte sehen einen nicht. Die gucken von ihrer hohen Brücke etwa 800 Meter voraus aufs Wasser. Wir haben dann ein Notsignal abgegeben und wurden zum Glück gesehen. Ein anderes Boot hat uns auf den Haken genommen. Ich hatte das erste Mal Angst, dass das richtig schiefgeht.“

Lange Tradition und hochmoderne Technik, zeitloser Pragmatismus und absolute Unabhängigkeit – die Werte der Seenotretter begeistern Ludwig Gehrke, „nicht, weil ich alles schlecht finde, was vom Staat finanziert wird, im Gegenteil. Es hat einen anderen Grund: weil das ganze System der Seenotretter darauf basiert, dass sie neben einem sehr überschaubaren Kreis hauptamtlicher einen großen Bestand ehrenamtlicher, freiwilliger Rettungsleute haben, ohne die der Seenotrettungsdienst nicht möglich wäre.“ Und das seit vielen Generationen:

„Schon die Gründung der DGzRS war eine revolutionäre Idee und eine großartige Initiative. Von der Sache überzeugt hat mich auch, dass die Seenotretter schon so lange einen so guten Job machen.“

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Mit kleinen Spenden Großes schaffen! Jahr für Jahr sind die Seenotretter etwa 2.000 Mal auf Nord- und Ostsee im Einsatz – rund um die Uhr und bei jedem Wetter. Die Seenotretter benötigen dafür modernste Technik und äußerst seetüchtige, besonders leistungsfähige Schiffe, um die Risiken so gering wie möglich zu halten. Wenige Neubauten werden vor ihrer Indienststellung so „auf Herz und Nieren“ getestet wie unsere Rettungseinheiten.

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Ralf Baur

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