Otto Schütze ist Rheinländer – das ist nach wenigen Worten klar. Lediglich ein paar mehr sind notwendig, dann wird deutlich: Der 90-Jährige ist ein Enthusiast. Er begeistert sich für alles, was mit Schiffen, Segeln und Schifffahrt zu tun hat. Seine Frau Doris und er haben ihren „170. Geburtstag“ im Mai den Seenotrettern gewidmet.
Es muss Anfang der 1990er Jahre gewesen sein, als Otto und Doris Schütze mit ihrer Segelyacht in mehreren Schlägen von Koblenz über den Rhein in die Nordsee fahren, um anschließend weiter über den Nord-Ostsee-Kanal bis hoch nach Schweden und Norwegen zu laufen. Beim Ansteuern von Borkum passiert es – der Motor fällt aus. „Wir hatten wenig Wind und der Ebbstrom hatte bereits eingesetzt“, erinnert sich Otto Schütze. Sie bewegen sich nicht mehr vom Fleck, wollen vor Anker gehen. Dann sieht er in der Ferne einen Seenotrettungskreuzer, ruft ihn über Funk um Hilfe.
Die Seenotretter nehmen die Segelyacht mit der ALFRIED KRUPP auf den Haken, schleppen sie in den Hafen. Der Grund für den Maschinenausfall ist schnell gefunden: „Kurz zuvor hatten wir Diesel gebunkert, da muss Wasser drin gewesen sein“, ist sich Otto Schütze noch heute sicher. Den verstopften Filter wechseln sie aus. Einen neuen haben ihnen zuvor die Rettungsleute geschenkt. „Der Einsatz war für mich das Schlüsselerlebnis. Ich habe gedacht: Die muss ich unterstützen!“
Obwohl das Ehepaar zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehr als 40 Jahren segelt und weitere zwei Jahrzehnte folgen sollen, ist es die erste und bleibt es die letzte Begegnung mit den Seenotrettern auf See. Diese prägt Otto Schütze noch auf eine andere Weise: „Das Erlebnis hat mich beflügelt, anderen in Not geratenen Menschen buten und binnen zu helfen.“ Er fühlt sich bestätigt in seinem Handeln für andere, das genauso selbstlos und uneigennützig ist wie das der Rettungsleute.
60 Jahre unter Segel
Nach mehr als 35.000 Seemeilen (rund 65.000 Kilometern) im Mittelmeer, auf dem Atlantik, auf Nord- und Ostsee gehen Doris und Otto Schütze im vergangenen Frühjahr endgültig von Bord: Sie geben ihre geliebte Segelyacht an ihre Enkelin weiter, die wie alle in der Familie weiß, was Fieren und Hieven ist. „Alle bei uns segeln, wir sind ein fahrendes Volk. Schiffig, wie wir Rheinländer sagen“, sagt Otto Schütze. Während er von seinem Leben erzählt, blickt der 90-Jährige hin und wieder aus dem Wohnzimmerfenster des Hauses der Familie in Koblenz-Metternich auf die vorbeiziehende Mosel, in die er „spucken könnte“, wenn er wollte. Wasser, Schiffe und Boote müssen irgendwie immer in seiner Nähe sein – das Segeln hat er auf der Unterelbe während seines Studiums in Hamburg gelernt.
Am Segeln hat Otto Schütze nie ausschließlich die Ruhe, das Messen mit Wind, Wellen und Strömung, die Zeit auf dem Wasser gereizt, sondern ebenso das Werkeln an seinen Booten im Winterlager. „Ich wollte sie immer schneller, sicherer und bequemer machen. Wenn ich im Frühjahr dann gemerkt habe, dass es geklappt hat, auch wenn es manchmal nur Einbildung war, hat es mich gefreut“, sagt er und lächelt verschmitzt. Sein Faible für den Bootsbau hat sich auch auf die Berufswahl seiner beiden Söhne ausgewirkt: Sie sind genauso wie ihr Vater Schiffbauingenieure.
Neben dem Segeln und seinem Beruf als Schiffsachverständiger für Schiffe und schwimmende Anlagen ist ein anderes Hobby von Otto Schütze mit den Seenotrettern eng verwoben: Er singt in seiner Heimatstadt im Seemannschor „Sailing Singers“, der bei seinen Auftritten meistens ein Sammelschiffchen durch die Reihen schippern lässt. Ein solches ist am 13. Mai auf dem Fahrgastschiff „La Paloma“ ebenfalls an Bord, als Otto Schütze seinen 90. Geburtstag und seine Frau Doris ihren 80. Geburtstag auf dem Rhein feiern. Bereits in der Einladung haben sie ihre Gäste gebeten, auf persönliche Geschenke zu verzichten und stattdessen den Seenotrettern zu spenden – es kommen 1.300 Euro zusammen. Damit hat der regelmäßige Förderer Otto Schütze die DGzRS erneut wirkungsvoll unterstützt.
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