Seenotretter, Fischer und Wetterexperte sprechen über
Sturm und Orkan

Viele dutzend, in manchen Jahren sogar mehrere hundert Male sind die Seenotretter bei Windstärke 7 und mehr im Einsatz, bei Sturm und Orkan. Dann ist das Meer mitunter zu steilen, meterhohen Wellen aufgepeitscht. Besonders gefährlich sind sogenannte Grundseen. Seeleute sprechen von Kaventsmann, Menschen an Land sagen dazu auch Monsterwelle. Oft fahren die Seenotretter raus, wenn andere Schiffe schützende Häfen anlaufen. Dann warten besondere Herausforderungen auf sie. Wie bereiten sie sich darauf vor? Welche Erfahrungen haben sie draußen gemacht? Wie entstehen Stürme eigentlich? Wie gehen Seeleute mit den Gefahren von Wind und Wetter um? Und wie ist es, als Seenotretter selbst in Seenot zu sein? Antworten auf diese Fragen und viel mehr gibt es im Seenotretter-Film „Im Sturm“ sowie in der kleinen Reihe „Wetter-Wissen“.

Film: „Im Sturm“

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„Krachen und Heulen und berstende Nacht …“ So beginnt die Ballade „Nis Randers“ von Otto Ernst über den Inbegriff des Seenotretters. Über solche Fahrten im Sturm bei mächtigem Seegang aus Dünung und Windsee hat der aus dem ARD-Morgenmagazin bekannte Meteorologe Donald Bäcker mit der Besatzung des gleichnamigen Seenotrettungskreuzers gesprochen. „Auf See gibt es keine Reibung, keine Hindernisse, deshalb sind extreme Windgeschwindigkeiten möglich, die hohe Wellen aufbauen können“, erläutert der Wetterexperte einen besonderen Aspekt des Seewetters. Nicht ohne Grund heißt es bei „Nis Randers“: „Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!“

Zwar müssen sich die Seenotretter nicht mehr, wie zur Zeit von Nis Randers, mit einfachen Ruderrettungsbooten bei Sturm durch die gewaltige Brandung kämpfen. Doch trotz aller Technik gehen sie nach wie vor oft große Risiken ein. Das belegen zwei 1995 vor Borkum im Einsatz ums Leben gekommene Rettungsmänner ebenso wie die dramatische Rettung ihres Kollegen Dieter Steffens 1990 in der Außenjade. Bei West-Nordwest-Sturm mit Orkanböen trifft eine Grundsee – Seeleuten auch als Kaventsmann bekannt, für andere eine Monsterwelle – seinen Seenotrettungskreuzer. „Ich sah eine riesige weiße Wand.“ – Seenotretter Dieter Steffens und die Nacht des Wunders

Fischer Christian Janhsen auf der Brücke seines Kutters „Orion“

„Ein Sturm lehrt Demut.“

ARD-Wetterexperte Donald Bäcker (links im Bild) auf dem Seenotrettungskreuzer NIS RANDERS, benannt nach der gleichnamigen Ballade über einen Sturm-Einsatz der Seenotretter.

Die See lehrt Demut, besonders wenn ein Sturm oder Orkan sie zu einem wilden Wellenmeer aufgewühlt hat. Das wissen auch Fischer Christian Janhsen und seine Mannschaft. Sie sind mit dem Stahlkutter „Orion“ bei Wind und Wetter auf der Nordsee unterwegs, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Bei Sturm gibt es für sie nur eines: schnell nach Hause kommen oder in einen Schutzhafen flüchten. Sie können nicht wie größere Schiffe draußen auf See abwettern. Aber auch Janhsen und seine Crew waren schon ein paar Mal auf die Hilfe der Seenotretter angewiesen. „Wenn wir mal richtig arge in Bredouille sind, dann holen die uns. Das zu wissen ist beruhigend.“

In der kleinen Seenotretter-Reihe „Wetter-Wissen“ erläutert Meteorologe und ARD-Wetterexperte Donald Bäcker wie Stürme entstehen, warum es im Herbst mehr Stürme gibt als im Frühjahr oder Sommer und wo zuverlässige Wetterinformationen zu bekommen sind.

Wetter-Wissen auf See

Wie entsteht ein Sturm?

Warum gibt es im Herbst mehr Stürme?

Wo bekomme ich zuverlässige Wetterinformationen?

Lesen hier die Ballade „Nis Randers“

Krachen und Heulen und berstende Nacht,
Dunkel und Flammen in rasender Jagd –
Ein Schrei durch die Brandung!

Und brennt der Himmel, so sieht man’s gut:
Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut;
Gleich holt sich’s der Abgrund.

Nis Randers lugt – und ohne Hast
Spricht er: „Da hängt noch ein Mann im Mast;
Wir müssen ihn holen.“

Da fasst ihn die Mutter: „Du steigst mir nicht ein:
Dich will ich behalten, du bliebst mir allein,
Ich will’s, deine Mutter!

Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn;
Drei Jahre verschollen ist Uwe schon,
Mein Uwe, mein Uwe!“

Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach!
Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:
„Und seine Mutter?“

Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs:
Hohes, hartes Friesengewächs;
Schon sausen die Ruder.

Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz!
Nun muß es zerschmettern ...! Nein, es blieb ganz! ...
Wie lange? Wie lange?

Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer
Die menschenfressenden Rosse daher;
Sie schnauben und schäumen.

Wie hechelnde Hast sie zusammenzwingt!
Eins auf den Nacken des andern springt
Mit stampfenden Hufen!

Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!
Was da? – Ein Boot, das landwärts hält –
Sie sind es! Sie kommen! – –

Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt ...
Still – ruft da nicht einer? – Er schreit’s durch die Hand:
„Sagt Mutter, ’s ist Uwe!“

Dat huult un dat bruust as sull barsten de Nacht;
Gleirood een Blitz over d'Hemel henjagd
In Doodsnood giert een Minsk.

Un brannt de Hemel, denn sücht man dat good:
Een Wrack up de Sandbank, noch dümpelt ' de Flood,
Futt haal 't sük de Quade.

Nis Randers kickt un seggt heel fast:
„Door hangt noch een Mann heel baben in d' Mast,
Wi mutten hum halen!“

Do grippt hum sien Moder: „Di laat ik neet ruut!
Di will 'k behollen!“ Un denn snuckert se luut:
„Dien Vader gung unner un Momme, mien Söhn,
Siet dree Jahr von Uwe nix hört un nix sehn!
Mien Uwe, mien Uwe!“

Nis geiht na de Brügg, de Moder hum na.
He wiest na de Wrack un fragt sodra:
„Un de sien Moder?“

Nu springt he in 't Boot, mit hum noch sess
Bi so 'n Noodweer sünd s' all al mal buten west
Se leggen sük in de Riemen

Boot baben, Boot unnern, een Danz mit Dood.
Nu breckt dat Stücken, man nä, dat gung good.
Wo lang noch, wo lang?

Mit gleinig Sweepen geiht Jan Rasmus tokehr,
He jaggd de Bulgen as wild Peer vör sük her,
Se snuven und schumen.

Wo wild se nu aver 'n anner springen,
As wullen se de heel Wereld unner sük dwingen
Mit stampende Iesders.

Dree Blixems mitmal, heel Hemel brannt bold!
Wat 's dat? Een Boot dat na 't Land to holt?
Se sünd dat, se komen!

Un Oog un Ohr söcht döör 't Unweer een Padd.
Still! Wees eben still! Röppt dor neer wat?

Een Stimm kummt ut de düster Wand,
Dat is Nis Randers, he röppt döör de Hand:
„Seggt Moder: 'tis Uwe!“

Crashing and howling, light splitting the night,
Darkness and flames raging in fight,
A yell 'cross the surf!

The sky is burning! And lit by the flashes
A wreck on the sands! In waves like lashes
She's prone to go down.

Nis Randers glances - and at long last
He says: "There clings a man to the mast,
We have to get him."

The touch of his mother: "No, you won't go:
You must stay with me, don't let me alone,
I say so, your mother!

Your father went drowning, and Momme, my son;
And three years missing now Uwe is gone
Oh Uwe, my Uwe!"

Nis steps on the pier. His mother she follows!
He points at the wreck and asks her like hollow:
"What about his?"

Now he jumps to the boat and six others join:
All strong and tall, frisian boys;
A swishing of oars.

Boat up, boat down, a hell of a dance!
Now she's got to be broken...! No, there she stands...!
How long can she hold?

With fiery scourge the sea now is lashing
Her man-eating horses, wildly they're thrashing;
They snort and they foam.

In panting haste they join ever closer!
One up on the neck of the other and over
So stamping their hooves!

Three weathers together! On fire is the world!
What there? - It's a boat, and landward they hold -
It's them! They are coming! - -

All eyes and ears straining they're waiting on land...
Hold - was that a call? - He shouts through the hand:
"Tell Mother, it's Uwe!"

„Wenn wir mal richtig arge in Bredouille sind, dann holen die uns. Das zu wissen ist beruhigend.“

Fischer Christian Janhsen

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