Wikingerschiff-Nachbau strandet am Darßer Ort – Seenotretter bringen zwölf Segler in Sicherheit

Mit vereinten Kräften haben die Seenotretter der Station Darßer Ort und ihre freiwilligen Kollegen aus Zingst am Donnerstagabend, 5. Juli 2012, zwölf in Seenot geratene völlig durchnässte polnische und russische Segler in den sicheren Nothafen Darßer Ort gebracht.

 

Die zum Großteil aus jungen Erwachsenen bestehende Gruppe war mit der „Orzeł Jumne“, einem Nachbau eines Wikingerschiffes, von Stralsund nach Haithabu/Schlei in Schleswig-Holstein unterwegs. Gegen 19.15 Uhr strandete das etwa zwölf Meter lange offene Holzboot (Heimathafen Wollin/Polen) in der Bauart der typischen sogenannten Langschiffe an der Darßspitze. Die Brandung schlug ins Boot. Die Crew begann mit Eimern zu lenzen.


Über den internationalen Sprechfunk-Notrufkanal 16 setzten die Segler einen Mayday-Ruf (unmittelbare Lebensgefahr) ab, machten jedoch keine genaue Positionsangabe. Zusätzlich erschwerten den Einsatz der Seenotretter dichter Nebel und die erneute Versandung des Nothafens Darßer Ort. Die dortige DGzRS-Station ist seit Monaten abermals verwaist. Der Seenotkreuzer THEO FISCHER liegt gezwungenermaßen im Ausweichhafen Barhöft bei Stralsund. Er legte dort sofort ab, sollte aber statt weniger Minuten über eine Stunde Anfahrt benötigen.


Die SEENOTLEITUNG BREMEN der DGzRS alarmierte deshalb auch die Freiwilligen-Besatzung aus Zingst. Das dort stationierte Seenotrettungsboot ZANDER liegt auf einem Trailer und ist, gezogen von einem Unimog, mobil einsetzbar. Die Besatzung fuhr mit dem Gespann zum Darßer Ort und brachte das Seenotrettungsboot dort zu Wasser. Außerdem suchten die freiwilligen Seenotretter der Station Prerow/Wieck mit ihrem geländegängigen Allradfahrzeug den Darßer Weststrand nach der Strandungsstelle ab.
Unterdessen bot der im Revier laufende Schlepper „Taucher O. Wulf 3“ seine Hilfe an. Er stoppte auf und machte den Havaristen im dichten Nebel über der Prerowbucht an der Darßspitze aus. Wegen seines Tiefgangs konnte er die Strandungsstelle jedoch nicht erreichen. Seine Besatzung setzte ein Schlauchboot aus. Mit ihm gelang es, den Havaristen freizubekommen.

Inzwischen traf die THEO FISCHER ein. Ihr Tochterboot STRÖPER konnte gemeinsam mit dem ebenfalls sehr flachgehenden Seenotrettungsboot ZANDER trotz der starken Versandung am Darßer Ort noch manövrieren. Die Segler wollten den Winkingerschiff-Nachbau nicht verlassen. STRÖPER und ZANDER übernahmen deshalb den Schleppanhang. Mit vereinten Kräften brachten die Seenotretter das hölzerne Boot, das selbst nur 40 Zentimeter Tiefgang hat, in den Nothafen. „Die Segler haben viel Glück gehabt. Wir hatten Nordostwind Stärke drei. Bei nur etwas mehr Wind, wäre ihre Lage noch viel gefährlicher gewesen“, berichtet Lutz Griesberg, Vormann der THEO FISCHER.
Erneut hat sich bei diesem Einsatz die Notwendigkeit gezeigt, gerade in diesem Bereich der Ostseeküste eine DGzRS-Station vorzuhalten, von der aus die Seenotretter in Notfällen unmittelbar und schnell eingreifen können. Allein im Jahr 2011, als der Seenotkreuzer den Nothafen Darßer Ort noch durchgängig anlaufen konnte, hat seine Besatzung bei 43 Einsätzen 45 Menschen aus Seenot gerettet oder Gefahren auf See befreit.
Viel Arbeit gab es am gleichen Tag auch für die Seenotretter anderer DGzRS-Stationen. Vor Borkum setzte am Nachmittag eine Motoryacht mit starkem Wassereinbruch im Maschinenraum einen Mayday-Ruf ab. Ein Zoll- und ein Lotsenboot stoppten auf, bis der Seenotkreuzer ALFRIED KRUPP eintraf. Sein Tochterboot GLÜCKAUF schleppte den Havaristen in dreistündiger Schleppreise in den Borkumer Schutzhafen. In der Pötenitzer Wiek bei Travemünde hatte die Freiwilligen-Besatzung des Seenotrettungsbootes HANS INGWERSEN zuvor den festgekommenen Traditionssegler „Fridthjof“ mit 36 Menschen an Bord befreit. Am späten Abend wiederum waren die Besatzungen des Seenotkreuzers VORMANN STEFFENS/Station Hooksiel und des Seenotrettungsbootes WILMA SIKORSKI/Station Wangerooge im Einsatz für einen nordwestlich der Insel gekenterten Katamaransegler. Der Mann konnte sich jedoch schwimmend selbst an Land retten.