Zwischenbilanz: Seenotretter für 3.200 Menschen auf Nord- und Ostsee im Einsatz

DGzRS-Bo(o)tschafter Bernd Flessner: „Respekt vor dieser Leistung!“

Seenotrettungskreuzer HAMBURG wird 2020 vor Elbphilharmonie getauft

Auf Nord- und Ostsee sind die Seenotretter allein in den ersten zehn Monaten des Jahres 2019 bereits fast 2.000 Mal im Einsatz gewesen. Die Besatzungen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) haben dabei 3.200 Menschen Hilfe geleistet. Allein mehr als 330 von ihnen wurden aus Seenot gerettet oder Gefahr befreit. Seit Gründung der DGzRS vor 154 Jahren zählt die Statistik der Seenotretter mehr als 85.000 Gerettete. Die Modernisierung der Rettungsflotte schreitet voran. 2020 wird nach 35 Jahren wieder ein Seenotrettungskreuzer auf den Namen HAMBURG getauft. Er ist für die Station Borkum vorgesehen.

Wesentliche Unterstützung erfuhren die Seenotretter in den vergangenen Monaten durch ihren diesjährigen ehrenamtlichen Bo(o)tschafter, den Surfprofi Bernd Flessner. Der 16-fache Deutsche Meister im Windsurfen unterstützte das #TeamSeenotretter bei Medienterminen, Schiffstaufen und Rettungsübungen. Als gebürtiger Norderneyer kennt er die Seenotretter seit Kindertagen. Schon als Junge sammelte er Spenden für die DGzRS.

„Ich weiß, wie es ist, bei Sturm zu surfen. Aber mit einem Seenotrettungskreuzer bei jedem Wetter, bei Nacht oder im Nebel auszulaufen, um andere zu retten, ist eine ganz andere Nummer. Vor diesem freiwilligen Einsatz habe ich größten Respekt“, sagt Flessner. Sein Wort hat unter erfahrenen Windsurfern wie unter Nachwuchssportlern gleichermaßen Gewicht. Beim Surf World Cup auf Sylt im September war es ihm ein wichtiges Anliegen, eine Rettungsübung der Seenotretter vor dem Westerländer Strand zu kommentieren, um für die unabhängige, rein spendenfinanzierte Arbeit der DGzRS zu werben.

So gab Bernd Flessner jetzt in Hamburg die Einsatzzahlen für die ersten zehn Monate des Jahres 2019 bekannt. Die 60 Seenotrettungskreuzer und -boote sind bis einschließlich 24. Oktober in Nord- und Ostsee 1.979 Mal im Einsatz gewesen. Dabei haben sie 3.200 Menschen Hilfe geleistet. Allein 73 Menschen wurden aus Seenot gerettet und 259 weitere aus Gefahr befreit.

Im Frühjahr 2019 erlebte Bernd Flessner im Herzen Hamburgs auf dem Jungfernstieg die Kiellegung des neuen Seenotrettungskreuzers HAMBURG für die Station Borkum. Er fordert alle Hamburger und Hamburg-Freunde auf, sich an der Finanzierung zu beteiligen: „Mich begeistert, dass die Seenotretter ohne jegliche staatliche Gelder auskommen. Mit einer Spende für die HAMBURG kann jeder ganz unmittelbar dazu beitragen, dass sie auch in Zukunft genauso unabhängig rausfahren können, wenn andere reinkommen.“

Neue ehrenamtliche Bo(o)tschafterin 2020

Das Bo(o)tschafter-Ehrenamt übergibt Flessner an die Frau, die vor gut einem halben Jahr die künftige HAMBURG auf Kiel gelegt hat: die beliebte Moderatorin und Reporterin Anke Harnack. Die Rüganerin ist einem breiten Publikum aus dem NDR-Hörfunk und -Fernsehen bekannt. „In Hamburg fühle ich mich sehr wohl. Jetzt kann ich aktiv mithelfen, dass eine neue Rettungseinheit den Namen der Stadt tragen wird. Das ist eine tolle Aufgabe, an der sich Hamburger und Hamburg-Freunde sicher sehr gern beteiligen. Ich freue mich sehr, dass ich in dem Jahr, in dem die HAMBURG getauft wird, DGzRS-Bo(o)tschafterin sein darf.“

Harnack ist bereits die 21. Prominente, die das Bo(o)tschafter-Ehrenamt der Seenotretter übernimmt. Die Reihe begann im Jahr 2000 mit Liedermacher Reinhard Mey.

Taufen und Indienststellungen

Durchschnittlich 30 Jahre sind die Rettungseinheiten der DGzRS im harten Einsatz auf Nord- und Ostsee. Rein rechnerisch ergibt sich daraus der Bedarf, jährlich durchschnittlich zwei neue in Dienst zu stellen. Vor mehr als 25 Jahren standen die Seenotretter vor einer historischen Aufgabe: Nach der Wiedervereinigung galt es, die veraltete Technik in Mecklenburg-Vorpommern schnell zu modernisieren. Dies gelang innerhalb von nur vier Jahren, nicht zuletzt dank großartiger Unterstützung der treuen Förderer der Seenotretter.

Zwischen 1990 und 1994 hat die DGzRS 24 Neubauten in Dienst gestellt. Spätestens Anfang des kommenden Jahrzehnts müssen sie ersetzt werden. „Zweckgebundene Erbschaften versetzen uns in die Lage, für einige dieser Boote schon jetzt moderne Nachfolger zu bauen. Viele werden die Namen ihrer Spender tragen“, erläutert DGzRS-Geschäftsführer Nicolaus Stadeler.

2019 sind folgende Rettungseinheiten für Freiwilligen-Stationen getauft und in Dienst gestellt worden:

  • Seenotrettungsboot GERHARD ELSNER /Station Schilksee (10,1 Meter),
  • Seenotrettungsboot PETER HABIG /Station Wilhelmshaven (10,1 Meter),
  • Seenotrettungsboot MANFRED HESSDÖRFER /Station Breege (8,9 Meter),
  • Seenotrettungsboot WOLFGANG PAUL LORENZ /Station Horumersiel (10,1 Meter).

2020 erhalten die Freiwilligen-Stationen Puttgarden und Norddeich weitere neue 10,1-Meter-Seenotrettungsboote in bewährter Aluminium-Bauweise. Über die Stationierung eines dritten baugleichen Bootes ist noch nicht entschieden. In Auftrag gegeben haben die Seenotretter zudem kürzlich das dritte Seenotrettungsboot einer neuen 8,9-Meter-Klasse , abzuliefern ebenfalls 2020. Das aus sehr robustem Polyethylen bestehende Vollkunststoffboot ist bis zu 38 Knoten (ca. 70 km/h) schnell.

Zudem lässt die DGzRS erstmals ein eigenes Trainingsschiff bauen. Damit bereitet sie sich darauf vor, verstärkt Personal selbst auszubilden und zu trainieren, da es immer weniger deutsche Seeleute gibt. Das 22 Meter lange Schiff, das 2021 auf der Seenotretter-Akademie Neustadt in Holstein in Dienst gestellt werden soll, wird ausdrücklich keine Rettungseinheit, sondern ein konventioneller Verdränger mit Stahlrumpf. Mit ihm trainieren die Seenotretter künftig dezentral auf den Stationen an Nord- und Ostseeküste.

Neuer Seenotrettungskreuzer HAMBURG

Im Bau ist neben der HAMBURG ferner ein weiterer 28-Meter-Seenotrettungskreuzer mit Tochterboot für Grömitz, und ein dritter ist in Auftrag gegeben. Die für die westlichste DGzRS-Station bestimmte HAMBURG wird am 19. April 2020 an der Elbphilharmonie getauft. Damit würdigt die DGzRS die langjährige Verbundenheit der Hamburger mit den Seenotrettern. Rund 20.000 Hamburger unterstützen die DGzRS mit regelmäßigen Spenden, und knapp 900 Sammelschiffchen haben ihren „Liegeplatz“ in der Hansestadt an der Elbe. „Viele Schiffe, die von und nach Hamburg unterwegs sind, kommen vor unserer Insel vorbei, einige werden auch auf unsere Hilfe angewiesen sein. Wir freuen uns auf unseren neuen Seenotrettungskreuzer mit dem besonderen Namen HAMBURG“, sagt Michael Haack, 2. Vormann der Station Borkum.

Bewusst macht die DGzRS eine Ausnahme von ihrer traditionellen Regel, den Namen nicht vor der Taufe zu verraten: Alle Einwohner, aber auch alle Liebhaber Hamburgs sind dazu aufgerufen, sich am „Spendemanöver: HAMBURG wird Seenotretter!“ zu beteiligen. Das geht am einfachsten über die Aktionswebsite spendemanöver.de . „Viele Menschen werden der HAMBURG ihr Leben verdanken. Ich freue mich, dass Hamburg seinen Respekt vor der Arbeit der Seenotretter und seine Wertschätzung für das bürgerschaftliche Engagement zum Ausdruck bringen kann“, sagte der ehemalige Wirtschaftssenator Frank Horch. Der parteilose Politiker hat die Schirmherrschaft über das „Spendemanöver“ übernommen.

Seenotretter hoffen zum Jahresende auf Spendenbereitschaft der Bevölkerung

Zum Jahresende hoffen die Seenotretter auf die Spendenbereitschaft der Bevölkerung. In diesen Wochen wenden sie sich wieder verstärkt an die Öffentlichkeit, um über ihre Arbeit zu informieren, die Menschen im ganzen Land um Unterstützung zu bitten und neue Förderer zu gewinnen. Sie sind auf die Unterstützung der breiten Bevölkerung angewiesen.

Rund 5.000 Plakate hängen an publikumsintensiven Plätzen in rund 300 Orten. Auf großformatigen Bildern ist das Seenotretter-Motto „Ohne Deine Spende geht’s nicht“ zu lesen. Die Buchstaben vervollständigen sinnbildlich einen halben Seenotrettungskreuzer in stürmischer See. Die Flächen dafür hat die awk Außenwerbung GmbH kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

Anhang: Einsatzzahlen im Detail

Vom 1. Januar bis 24. Oktober 2019 haben die Besatzungen der rund 60 Seenotrettungskreuzer und -boote in Nord- und Ostsee bei insgesamt 1.979 Einsätzen (Januar bis Oktober 2018: 2.037 Einsätze) 3.200 Menschen Hilfe geleistet. Im Einzelnen haben sie

  • 73 (37) Menschen aus Seenot gerettet,
  • 259 (307) Menschen aus drohender Gefahr befreit,
  • 292 (298) Mal erkrankte oder verletzte Menschen von Seeschiffen, Inseln oder Halligen zum Festland transportiert,
  • 51 (52) Schiffe und Boote vor dem Totalverlust bewahrt,
  • 864 (990) Hilfeleistungen für Wasserfahrzeuge aller Art erbracht sowie
  • 561 (595) Einsatzanläufe und Sicherungsfahrten absolviert.

In vielen Fällen griffen die Seenotretter frühzeitig ein und begrenzten so Schäden bereits im Vorfeld. Zudem sind sie 2.263 Mal in ihren Revieren zwischen Borkum im Westen und Ueckermünde im Osten auf Kontrollfahrt gegangen.

Seit ihrer Gründung am 29. Mai 1865 hat die DGzRS bis Ende Oktober 2018 insgesamt 85.215 Menschen aus Seenot gerettet oder Gefahrensituationen auf See befreit. Das entspricht in etwa der gesamten Bevölkerung der Städte Gießen (Hessen), Villingen-Schwenningen (Baden-Württemberg), Lünen (Nordrhein-Westfalen) oder Flensburg (Schleswig-Holstein).

Die Einsatzzahlen verteilen sich auf die einzelnen Küsten wie folgt:

Niedersächsische Nordseeküste
Die Besatzungen der an der niedersächsischen Küste stationierten Seenotrettungskreuzer und -boote haben bei 555 (560) Einsätzen 795 Menschen geholfen. Davon wurden 21 (7) Menschen aus Seenot gerettet und 68 (46) weitere aus Gefahrensituationen befreit.

Schleswig-Holsteinische Nordseeküste
Die Seenotretter der Stationen an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste waren 193 (206) Mal im Einsatz und halfen 289 Menschen. Davon wurden 3 (8) Menschen aus Seenot gerettet und 33 (6) weitere aus Gefahrensituationen befreit.

Schleswig-Holsteinische Ostseeküste
An der Ostseeküste Schleswig-Holsteins waren die Seenotretter 731 (733) Mal im Einsatz für 1.106 Menschen. Sie retteten 27 (18) Menschen aus Seenot und befreiten weitere 59 (123) aus Gefahrensituationen.

Mecklenburg-Vorpommersche Ostseeküste
In Mecklenburg-Vorpommern waren die Seenotretter zu 500 (538) Einsatzfahrten für 1.010 Menschen unterwegs. Sie retteten 22 (4) Menschen aus Seenot und befreiten weitere 99 (132) aus Gefahrensituationen.